Liebe Bad Tabarzerinnen und Bad Tabarzer, liebe Freunde und Gäste,
in diesem Jahr läuft einiges anders. Viel später als gewohnt
halten Sie den neuen Gemeindebrief in Händen … Besondere Zeiten erfordern
besondere Maßnahmen. Das haben wir in den letzten Wochen und Monaten alle in
irgendeiner Weise erlebt.
Vieles von dem, was wir in der Kirchgemeinde, als Mitarbeiter, ob
haupt- oder ehrenamtlich, für die letzten Monate geplant hatten, musste
abgesagt werden.
Liebgewordene Gruppen, die sich regelmäßig trafen – Seniorencafé,
Kirchenchor, Junge Gemeinde, Konfirmandentreffen, Kinderstunden und so weiter …
Auch große Ereignisse, die unser Kirchenjahr sonst prägen, waren
nicht möglich – wie das Osterfest oder die Konfirmation. Alles schien auf den
Kopf gestellt.
Noch im letzten Gemeindebrief habe ich etwas über Gelassenheit und
den sinnvollen Umgang mit der Zeit geschrieben: „Als Gott die Zeit machte, hat
er genug davon gemacht.“
Viele Menschen hatten plötzlich sehr viel Zeit – fast erdrückend
viel.
Anderen ging es genau anders. Allen Menschen, die die „Basics“
unseres Alltags am Laufen hielten und halten und sich dabei selbst großen
Gefahren aussetzen mussten, gilt unsere tief empfundene Dankbarkeit – den
Pflegekräften in Kliniken und Heimen, den Ärzten, dem Personal in den
Supermärkten und Tankstellen, den Kraftfahrern, Polizistinnen, Feuerwehrleuten,
Mitarbeitern in den Krisenstäben und Ämtern und so weiter und so weiter …
Solch eine unfreiwillige Fastenzeit – und sie ist ja noch nicht
wirklich zu Ende – lenkt die Blicke auf Details, die wir bisher nicht sahen
oder sehen wollten. (So wie das Bild oben ein kleiner Ausschnitt eines alten Aquarells der Tabarzer Kirche ist.)
Solch ein Blick hat etwas Gutes. Ich persönlich habe so manches in
Angriff genommen, was immer liegen geblieben ist – eine alte Kiste entrümpeln, ein
paar Bücher lesen, die schon länger warten mussten, hier und da ein neuer
Anstrich. Kleine Sachen, nichts Besonderes und
doch war es einfach dran … endlich!
Als Gemeindekirchenrat haben wir etwas in Bewegung gebracht,
worauf wir lange hingearbeitet und gewartet haben – am 8. Juni haben die
Arbeiten zunächst am Vordach der Peter-und-Paul-Kirche in Bad Tabarz begonnen. Endlich.
Endlich. Ja, das sagt dieses Wort auch: alles Sichtbare ist
endlich. Diese Zeit, die hinter uns liegt und auch das, was da noch kommen mag,
hat viele Selbstverständlichkeiten, manche unserer Gewohnheiten in Frage
gestellt.
Ich möchte mich nicht einreihen in die endlose Reihe echter und
selbsternannter Experten. Ich möchte nur sagen, was ich schmerzhaft wahrnehme: Vereinzelungen,
Einsamkeiten, Konflikte, dubiose Verschwörungen, Existenzängste …
Ich spüre, auch in unserer Mitte als Gemeinde ist ein Riss. Da
gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen und Meinungen über Sinn oder Unsinn dessen,
was uns in diesen Tagen ereilt hat.
Ich bete darum, dass wir gute Wege aus dem bisherigen „Lockdown“
finden – als Einzelne und als Gemeinschaft, dass wir wieder zueinander finden,
dass wir aus der uns ereilten Verletzlichkeit das Wunder unseres Lebens wieder
neu begreifen … und leben …
Auch wenn vieles abgesagt wurde und sicher auch nicht gleich und
sofort wieder aufgenommen werden kann – Glaube, Liebe und Hoffnung sind nicht
abgesagt. Auch das Gebet geht weiter. Darin waren und sind wir als Christen
weiterhin verbunden.
„Gott hat
uns nicht gegeben einen Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und
der Besonnenheit.“ (2. Tim 1, 7)
Wir dürfen uns in SEINER unergründlichen Liebe geborgen und
getragen wissen. Das gibt mir Hoffnung. Ihnen und euch vielleicht auch …?
Eine gesegnete Zeit wünscht
Pfarrer Kai-Philipp Kunze
PS: Bleiben Sie behütet und gesund!